Meisterbrief als Qualitätssiegel |
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Autor: Ulrich Marx, ZVR-Geschäftsführer |
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Nun haben wir es endlich auch "amtlich": Die Bundesregierung stellt sich
erstmals öffentlich hinter den deutschen Meisterbrief als Qualitätssiegel. Sie
widerspricht dem Gutachten der sog. Monopolkommission, wonach der Meisterbrief
ein Wettbewerbshemmnis sei und damit die wirtschaftliche Entwicklung und den
Beschäftigungsaufbau behindere. Bekanntlich hatten sich Teile der SPD sowie von
BÜNDNIS 90 / Die Grünen dieser Argumentation angeschlossen und lautstark die
Abschaffung der Meisterprüfung als Marktzugangsberechtigung gefordert. Gegen
solch marktschreierische und populistische Töne hatten es die Handwerksverbände
schwer, mit sachlichen Argumenten gegenzuhalten. Zunächst schien es auch, als
ob diese Frage einen weiteren Riß in der Regierungskoalition provozieren würde.
Dann haben sich jedoch offenbar die Verkünder der "Neuen Mitte" durchgesetzt. In
ihrer Stellungnahme zum 12. Hauptgutachten der Monopolkommission bezeichnet die
Bundesregierung den Großen Befähigungsnachweis als unerlässlich "zur Sicherung
von Leistungsfähigkeit und Leistungsstand im Handwerk". Ausschlaggebend für das
überraschend deutliche Bekenntnis der Bundesregierung zum Meisterbrief war neben
der juristischen Anerkennung des Meistersiegels durch das
Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 17.12.1998; Az. 1 C 7/98) sicherlich auch
eine wissenschaftliche Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für
Wirtschaftsforschung (RWI), die sich mit der Frage befasste, ob der deutsche
"Meisterzwang" ein "Relikt einer überkommenen Ständegesellschaft oder modernes
Instrument der Wirtschaftspolitik" ist. Entgegen vieler Erwartungen kommt die
Wissenschaft dabei zu dem Ergebnis, dass die volkswirtschaftlichen Vorteile des
Meisterbriefes dessen Nachteile überwiegen und das Handwerk in seiner
derzeitigen Form ein wichtiger Motor der Wirtschaft ist. Dem konnte sich auch
die Bundesregierung nicht verschließen und führt in ihrer Stellungnahme aus:
"Das durch die Meisterprüfung vermittelte Fachwissen erhöht die
Leistungsfähigkeit der Betriebe erheblich. Der Meisterbrief bereitet die
Handwerker auf die Selbständigkeit vor und fördert den Unternehmergeist. Dies
ist ein maßgeblicher Grund dafür, dass die Insolvenzquote im Handwerk im
Vergleich mit anderen Gewerbezweigen niedrig ist. Der Meisterbrief wird im
Bereich der Europäischen Union allgemein als Gütesiegel akzeptiert und stellt im
internationalen Wettbewerb einen Vorteil dar. Aus diesem Grund sind Nachteile
durch die verschärften Anforderungen an deutsche Handwerker im Wettbewerb mit
Unternehmen aus der Europäischen Union und durch die künftige Osterweiterung der
Europäischen Union nicht zu erwarten. Vielmehr wäre ein Wettbewerbsvorteil
gefährdet, wenn man den Meisterbrief nicht mehr für die selbständige
Handwerksausübung voraussetzen würde." Und noch ein anderer Aspekt ist für die
Bundesregierung bedeutsam: "Für die Expansion der Schattenwirtschaft kann der
Große Befähigungsnachweis nicht verantwortlich gemacht werden. Der
Preisvorsprung des ‚schwarzarbeitenden Gesellen' ergibt sich vor allem aus der
Abgabenhinterziehung. Die Ausbildungskosten eines Meisters dürften dagegen eine
vernachlässigbare Kalkulationsgröße sein."
Für die Handwerksorganisation bedeutet dies: wieder einmal einen Angriff
abgewehrt! Aber wer sich mit Schulterklopfen dabei zu lange aufhält, verkennt
eine ganz andere und vielleicht wesentlich schlimmere Gefahr, nämlich die, die
dem vielgelobten Meisterbrief "von innen" droht. Was nützt uns die offizielle
Bestätigung der Meisterprüfung als Qualitätssiegel, wenn unsere Meisterschulen
immer leerer werden? Es gilt also, nicht nur die Politiker, sondern auch und vor
allem den handwerklichen Nachwuchs von der Wichtigkeit der Meisterfortbildung zu
überzeugen. Vielleicht kann da die wissenschaftliche Untermauerung durch das RWI
hilfreich sein. Denn mit handfesten Daten und Fakten lässt es sich leichter
überzeugen als mit bloßen Thesen. |
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Überzeugen Sie den Nachwuchs von der Wichtigkeit des Meistertitels | ||
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